Change Management Selbstorganisation

„Unternehmenskultur hat viel mit Führung zu tun“

Interview Die Kultur prägt ein Unternehmen und hat Einfluss auf die Zukunftsfähigkeit. Aber sie kann nicht angeordnet werden, sie wächst in einem Prozess, in dem Mitarbeitende, Führungskräfte und Unternehmensleitung permanent zusammenwirken. Michelle Baumann und Helmut Blocher, Macher des Corporate Culture Jam, sprechen über die Herausforderung.

Foto: Robert Katzki on Unsplash
Foto: Robert Katzki on Unsplash

Das Unternehmen als Ort der Begegnung

Wie steht es um die Kultur in den Unternehmen nach zwei Jahren Lockdown, Mobilarbeit, Führen aus der Ferne …? 

Michelle Baumann: Die letzten zwei Jahre haben viele Herausforderungen aber auch Chancen mit sich gebracht. Führungskräfte waren gefordert, das Potenzial der Mitarbeiter:innen auch aus der Ferne in die Organisation einzugliedern und das Gefühl der Zusammengehörigkeit zu vermitteln. Das Homeoffice bringt für viele Mitarbeiter:innen Flexibilität, umso wichtiger ist es, neben den Freiräumen für die Mitarbeiter:innen, das Unternehmen als Ort der Begegnung zu betrachten, wo sich diese mit Purpose und Zugehörigkeit identifizieren und aufladen können.

Michelle Baumann  ist Seniorprojektleiterin bei SUCCUS | Wirtschaftsforen und
Michelle Baumann ist Seniorprojektleiterin bei Succus Wirtschaftsforen und

Was ist das überhaupt, die berühmte Unternehmenskultur?

Helmut Blocher: Jeder hat ein Verständnis, was es ist und dennoch ist eine allgemeingültige Definition gar nicht so einfach. Der Begriff kommt aus der Organisationstheorie und beschreibt die Entstehung und Entwicklung kultureller Werte innerhalb von Organisationen. Unternehmenskultur umfasst also alles, was an Haltungen, Muster und Werten tagtäglich gelebt wird. Dazu gehören etwa das Kommunikationsverhalten, der Umgang mit Fehlern, die Wertschätzung, die Risikobereitschaft oder die Feedback-Kultur. Problematisch wird es vor allem dann, wenn die gelebte Praxis von dem, was Führung und Organisation vorgeben, stark abweicht.

Wir müssen das Unternehmen als Ort der Begegnung betrachten, wo sich die Mitarbeitenden mit Purpose und Zugehörigkeit identifizieren und aufladen können.
Michelle Baumann

 

Kann ein Unternehmen eine spezifische Kultur schaffen, quasi anordnen? Oder wächst die von unten nach oben? 

Helmut Blocher: In den Unternehmen beschäftigen wir uns gern mit Themen wie Marktumfeld, Produkte, Prozesse, Geschäftsmodelle, Strukturen oder Technologie. Wenn es aber um Themen wie Werte und Haltungen geht, ist die Bereitschaft, sich damit zu beschäftigen, nicht von vornherein gegeben. Gerade weil Kultur nicht verordnet werden kann, ist der Prozess der Entwicklung viel weniger steuerbar.

Die Entwicklung der Unternehmenskultur ist nicht wirklich steuerbar. Klar ist: Wer versucht, das Thema auszuklammern, wird scheitern. Dann verändert sich die Unternehmenskultur erst recht.
Helmut Blocher

Die Unternehmensleitung sollte sich aber auch klar machen, dass sich die Unternehmenskultur auch dann oder sogar erst recht verändert, wenn das Thema offiziell ausgeklammert wird. Ich würde die Entwicklung der Unternehmenskultur gerne als die gemeinsame Reise des Unternehmens verstehen, seinem Purpose und seiner Mission zu folgen. Diese permanente Ausrichtung nach dem „Warum“ hat auch viel mit Transparenz und der Aufgabe von sonst üblichen Kontroll- und Steuerungsmechanismen zu tun. Dabei sollte die Führung aber auch klar kommunizieren, wo in der Transformation gemeinsame Gestaltung möglich und erwünscht ist und welche Bereiche zunächst stabil bleiben sollten.

Eine Unternehmenskultur kann niemand anordnen

IHelmut Blocher ist Gründer und Geschäftsführer von SUCCUS | Wirtschaftsforen.nsert caption here...
Helmut Blocher ist Gründer und Geschäftsführer von Succus Wirtschaftsforen.nsert caption here...

Michelle Baumann: Unternehmenskultur muss in allen Bereichen und Abteilungen einer Organisation gelebt und vorgelebt werden. Mitarbeiter:innen müssen abgeholt und in Projekte und Prozesse eingebunden werden. Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter:innen den eigenen Purpose, die Werte und Strategien kennen und auch gemeinsam am Purpose des Unternehmens arbeiten. Vor allem eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit ist hier von großer Bedeutung. Führungskräfte spielen nach wie vor eine bedeutende Rolle, wenn es darum geht, die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen und den Bedarf der Organisation in Einklang zu bringen. Durch die Entwicklungen in den letzten zwei Jahren ist es umso wichtiger, Mitarbeiter:innen an die Organisation zu binden und sie auch im Homeoffice abzuholen. Es geht darum, besondere „Moments that matter“ für Mitarbeiter:innen sowohl an echten Orten als auch virtuell zu kreieren.

Was können wir uns vom Corporate Culture Jam 2022 erwarten?

Helmut Blocher: Der Jam findet bereits zum fünften Mal in Düsseldorf statt. Natürlich sind wir sehr froh, dass wir nun wieder fast unbeschwert zusammenkommen können. Eine Besonderheit des Jams ist, dass das Format selbst sehr interaktiv, flexibel und agil ist. Die Teilnehmer:innen erleben zwei Tage, an denen sie gefordert sind, darüber nachzudenken, wie Impulse und Erfahrungen anderer im eigenen Unternehmen nutzbar gemacht werden können. Dazu gehören „Praxis pur und ungeschminkt“ wie wir es nennen ebenso, wie Keynote-Vorträge sowie die interaktiven Jam-Sessions und Workshops. Die Teilnehmer:innen erwartet also neben einem spannenden Programm vor allem ein intensiver und persönlicher Austausch auf Augenhöhe. Dazu gehört auch der Bezug zu Kunst & Musik und nicht zuletzt auch eine Portion Spaß. DidgeLounge sorgt auch dieses Jahr wieder dafür, dass wir im Takt bleiben und im Rhythmus mitwippen.